Lebenslauf des XIV. Dalai Lama
Von Bhikshuni Tenzin Wangmo
Am Samstag, den 6. Juli 1935, am fünften Tag des fünften Monats im Holz-Schwein-Jahr wurde Lhamo Dhondup – der heutige Dalai Lama – im Dorf Taktser in der Provinz Amdo geboren. Voraussagen des 1933 verstorbenen dreizehnten Dalai Lama und Orakel hatten dem Suchtrupp den Weg zum Ort seiner Reinkarnation gewiesen.
Der damals zweijährige Knabe wurde einer sehr genauen und strengen Überprüfung unterzogen. Das Kind musste den Beweis erbringen, dass es sich fehlerfrei an das vergangene Leben erinnern kann. Nachdem seine Identität feststand, erfolgte am 22. Februar 1940 die feierliche Einsetzung des Kindes auf dem Löwenthron in Lhasa. Sein neuer Mönchsname lautete von nun an: Jetsun Jamphel Ngawang Lobsang Yeshe Tenzin Gyatso, der XIV. Dalai Lama von Tibet.
Der zukünftige Herrscher von Tibet durchlief eine strenge Ausbildung, die ihn auf sein Amt vorbereiten sollte. Im Sommer 1949 begannen die Chinesen mit der Invasion Tibets. Nach einem Volksaufstand am 10. März 1959 gegen die chinesischen Besatzer, bei dem etwa 90.000 Tibeter starben, sah sich der Dalai Lama gezwungen nach Indien zu fliehen. Viele Tibeter folgten ihm unter Lebensgefahr. Dort, in Dharamsala (Nordindien), baute der Dalai Lama die demokratische Exilregierung Tibets auf.
In den ersten Exiljahre wandte er sich an die UNO, um eine Lösung für die Tibetfrage zu finden, und erreichte die Resolutionen von 1959, 1961 und 1965, in denen China aufgefordert wurde, die Menschenrechte der Tibeter und ihren Wunsch nach Selbstbestimmung zu respektieren. Leider bis zum heutigen Tag ohne Erfolg. Der Dalai Lama und die tibetische Exilregierung setzten sich für die Rettung des tibetischen Volkes und seiner Kultur ein: Flüchtlinge wurden versorgt und ein tibetisches Schul- und Universitätssystem aufgebaut. Über 200 Klöster konnten sich im Exil wieder etablieren.
Auch auf seinen Reisen, die ihn rund um den Globus führten und anlässlich seiner Begegnungen mit anderen religiösen Führern und Politikern warb der Dalai Lama für eine friedliche Lösung der Tibetfrage sowie anderer weltweiter Konflikte, Menschenrechtsprobleme und ökologischer Probleme.
Sein unermüdlicher Einsatz zur Verständigung der Völker, der Religionen, sein unbeirrtes Festhalten an der gewaltlosen Befreiung Tibets brachten ihm weltweite Anerkennung, Sympathien, eine ungeheure Popularität und am 10. Dezember 1989 den Friedensnobelpreis ein. Die höchste seiner inzwischen zahlreichen internationalen Auszeichnungen. Der Dalai Lama, den man in der korrekten höflichen Art mit „Eure Heiligkeit“ anspricht, inspiriert durch natürliche Freundlichkeit, viel Humor und beeindruckt durch umfangreiches Wissen, klarem Denken und der Fähigkeit sich selbst, als auch seine Religion, distanziert zu betrachten.
Viele Wochen im Jahr reist er um die Welt, um auf Bitten der Menschen die traditionellen buddhistischen Texte zu erklären oder öffentliche Vorträge zu halten. Im Sommer 2009 hat er auf Einladung der Deutschen Buddhistischen Union, der Pagode Phat Hue und des Tibethauses sechs Tage lang Unterweisungen in Frankfurt am Main gegeben.